Neubaugebiete
FUCHS ist für die städtebaulich vertretbare Ausweisung neuer Baugebiete. Das Fach Städtebau ist eine Wissenschaft und wir orientieren uns an den Kriterien dieser Wissenschaft. Die durchaus verständlichen Wünsche von Grundstückseigentümern, die mit der Ausweisung von Bauland schnell viel Geld verdienen möchten, sind für uns kein Anlass, beispielsweise billiges Ackerland in teures Bauland umzuwandeln.
Ein städtebauliches Kriterium, um Bauland auszuweisen, ist etwa die Erschließung. Ein neues Baugebiet sollte so gelegen sein, dass der Verkehr dorthin nicht oder nur wenig die bestehenden Wohngebiete belastet. Dieses städtebauliche Kriterium war übrigens der Hauptgrund, weshalb wir gegen die Ausweisung des Dornberges als Wohnbaugebiet waren.
Die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist ein weiteres Kriterium für die Ausweisung von Neubaugebieten. Wenn wir die Verkehrswende wirklich schaffen wollen und auch vor Ort alles tun, was wir hier tun können, dann kommen wir nicht daran vorbei. Neue Baugebiete müssen unserer Auffassung nach so angeordnet werden, dass die zukünftigen Bewohner auf die bestehende ÖPNV-Infrastruktur direkt zugreifen können. Der oft obligatorische Zweitwagen soll erst gar nicht erforderlich sein. Neubaugebiete sollten also nicht nur dort entstehen, wo bereits größere Sammelstraßen sind, sondern auch dort, wo es attraktive Bus- und Bahnverbindungen gibt.
Der Natur- und Landschaftsverbrauch durch neue Baugebiete ist ein weiteres Kriterium. Hier müssen wir sehr sensibel sein. Für Mühltal kommt hinzu, dass unsere Siedlungsflächen momentan von Naturräumen eingefasst sind. So liegen etwa zwischen Nieder-Ramstadt und Traisa sowie zwischen Nieder-Ramstadt und Trautheim deutlich wahrnehmbare Naturflächen. Das ist eine ganz besondere Qualität, die wir nicht durch neue Baugebiete opfern sollten.
Schon aus dem Baugesetzbuch geht hervor, dass neue Baugebiete immer nur in Zusammenhang mit bestehenden Siedlungen ausgewiesen werden sollen. Siedlungssplitter sind zu vermeiden. Daraus ergibt sich, dass auch in Mühltal neue Baugebiete immer im unmittelbaren Anschluss an bestehende Wohnbaugebiete errichtet werden sollten. Isoliert stehende neue Wohnbaugebiete lehnen wir auch aus diesem städtebaulichem Grund ab.
Schließlich ist es aus Sicht der Gemeindefinanzen sinnvoll, wenn auch einmal die Gemeinde selbst durch die Ausweisung eines Neubaugebietes finanziell profitiert. Bislang nutzen die neuen Baugebiete immer nur privaten Eigentümern, für die Gemeinde entstehen daraus im Gegenteil Kosten. In Pfungstadt beispielsweise will die Politik deshalb nach Möglichkeit nur die eigenen Flächen umwandeln, um den daraus hervorgehenden Planungsgewinn selbst einzustreichen. Diese Haltung vertreten wir auch.
Unter Beachtung der städtebaulichen Kriterien haben wir etwa bereits vorgeschlagen, für eine echte Baulücke in der Waschenbacher Straße in Nieder-Ramstadt eine Bebauung zu ermöglichen. Auch für das gemeindeeigene Gelände gegenüber der Feuerwehr in Nieder-Ramstadt haben wir eine Wohnbebauung angeregt. All das hat die Mehrheit in der Gemeindevertetung aber abgelehnt.
Baugebiet NRA 11
Momentan diskutiert die Gemeindepolitik leise über ein mögliches Baugebiet „NRA 11“ in Nieder-Ramstadt. Es würde grob auf dem Acker zwischen dem NRD-Gelände und der Straße An der Flachsröße liegen. Unter städtebaulichen Kriterien lehnen wir ein solches Baugebiet ab.
Der Verkehr müsste durch Nieder-Ramstadt und durch Trautheim fließen. Laut einem Gutachten dürften zwei Drittel des Verkehrs nach Darmstadt gehen. Busverbindungen bestehen nur jede halbe Stunde und auch der Bahnhof liegt nicht in fußläufiger Entfernung. Ein solches Baugebiet würde auch den Grünzug zwischen Nieder-Ramstadt und Trautheim empfindlich stören. Der Charakter der unbebauten Landschaft unmittelbar in Siedlungsnähe würde hier entfallen. Das sind für uns die wesentlichen städtebaulichen Gründe, weshalb wir das Baugebiet ablehnen.
Hinzu kommt, dass die Ausweisung der Gemeinde auch keinen finanziellen Gewinn bringt. Auch preiswerter Wohnraum in angemessenem Umfang und mit einer akzeptablen Quote oder gar günstige Baugrundstücke für Mühltaler Bürgerinnen und Bürger als sogenannte Einheimischenmodelle dürfte es dort nicht geben. Beides hatte FUCHS allgemein für neue Baugebiete beantragt, beides lehnte die Mehrheit in der Gemeindevertretung aber ab.
Baugebiet am Bahnhof
Das Baugebiet am Bahnhof wollen wir ebenfalls nicht, denn auch gegen dieses Vorhaben sprechen städtebauliche Gründe. Insbesondere würde damit eine Splittersiedlung entstehen, die keinen Bezug zur bereits vorhandenen Wohnbebauung hat. Wo gehen die Kinder in die Schule und wie gelangen sie dorthin? Damit sind nur zwei von vielen Fragen angesprochen, die sich aus der isolierten Lage ergeben.
Hinzu kommt, dass das Areal in einer Umgebung liegt, auf der sich inzwischen viel wertvolle Natur angesiedelt hat. Diese müsste bedingungslos weichen. Davon betroffen wäre auch der Biotopverbund bis ins Mittelbachtal hinein. Städtebaulich bedenklich finden wir auch, dass die grüne Einfassung Nieder-Ramstadts nach Norden hin, also zum Bahndamm hin, erheblichen Schaden nehmen würde. Gegenwärtig bildet der Bahndamm mit seinem Bewuchs eine ganz natürlich wirkende städtebauliche Einfassung nach Norden. Wird das Grün dort beseitigt und erfolgt stattdessen die umfangreiche Bebauung, so entfällt dieser Charakter, der gegenwärtig eine besondere städtebauliche Qualität bildet.
Schließlich würde ein Baugebiet auch den dringend erforderlichen Ausbau der Odenwaldbahn ausbremsen. Zwar soll es dort fünfzig neue Parkplätze geben, doch dürften diese insbesondere auch von den neuen Bewohnern genutzt werden. Für das Baugebiet müssten wohl auch die gegenwärtigen Parkplätze entlang der Zufahrt zum Bahnhof weichen, weil Gehwege gebaut werden müssten und die aktuelle Zufahrt ein zusätzliches Baugebiet gewiss nicht verkraftet. Ein Bus könnte den Bahnhof nicht direkt anfahren, weil die Errichtung einer Wendeschleife dort mit Blick auf das Baugebiet abgelehnt wurde. Auch weitere Parkplätze könnten nicht entstehen, weil kein Platz mehr vorhanden wäre.
Auch für das diskutierte Baugebiet am Bahnhof gilt darüber hinaus, dass die Gemeinde damit vor allem Kosten, aber keinen finanziellen Nutzen haben würde. Sowohl die allgemein beantragte akzeptable Quote an preisgünstigem Wohnraum als auch die Möglichkeiten, dort Einheimischenmodelle vorzusehen, wurden abgelehnt. Beides hätte sich auch auf das Baugebiet am Bahnhof erstreckt.
Möglichkeiten für Neubaugebiete
Bei allem dürfen die Überlegungen zu möglichen Baugebieten natürlich nicht so eng gefasst werden, dass es überhaupt keine neuen Baugebiete mehr geben kann. Wir müssen darauf antworten, aber eben unter Anwendung der maßgeblichen städtebaulichen Grundsätze. Unter diesen Ansätzen stößt sofort das TSV-Sportgelände in Nieder-Ramstadt ins Auge. Es liegt in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und zu den Bussen, die viertelstündlich nach Darmstadt fahren. Der ansonsten oft obligatorische Zweitwagen wäre nicht mehr notwendig. Der Bauverkehr und der spätere normale Verkehr würde direkt über die Bundesstraße 449 abgefangen. Das Areal ist bis auf den Bereich an der Modau auch unter Aspekten des Naturschutzes nicht sonderlich wertvoll. Mit einer Blockbebauung parallel zur B 449 würde überdies ein Schallschutzriegel entstehen, der auch der dahinter liegenden Bebauung zugute käme. An der Bundesstraße selbst könnte bei dieser Gelegenheit auch die Lindenallee wieder hergestellt werden.
Die Einrichtungen des TSV sind inzwischen auch in die Jahre gekommen und werden sogar oft als marode bezeichnet. Genau genommen wäre eine ganz tüchtige Finanzspritze erforderlich, um dem Verein zu neuem Glanz zu verhelfen. Die Lage des Sportgeländes am Bahnhof ist aus städtebaulichen Gründen auch unwichtig, weil wohl kein Sportler mit der Bahn anreist.
Daraus ergibt sich die Überlegung, dem TSV anzubieten, den Sportplatz beispielsweise hinter der Feuerwehr bzw. hinter der Kläranlage auf Kosten der Gemeinde neu zu errichten. Das neue Grundstück dort dürfte etwa 30 Euro pro Quadratmeter kosten, während das heutige Grundstück in Bahnhofsnähe für etwa 500 bis 700 Euro pro Quadratmeter verkauft werden könnte. Das gesamte Areal am heutigen Sportplatz hat eine Größe von etwa 38.000 Quadratmetern. Davon sollten etwa 8.000 Quadratmeter an der Modau als Naturraum erhalten bleiben. Die übrige Fläche dürfte nach Ausweisung als Bauland knapp 20 Millionen Euro erlösen. Mit einem kleineren Teil des Erlöses könnte ein funkelnagelneuer Sportplatz angeschafft werden und es bliebe immer noch sehr viel Geld aus dem neuen Baugebiet – nun aber einmal für die Gemeinde Mühltal.
Überteuerte Grundstückskäufe
Die aktuelle politische Mehrheit hat im Sommer 2020 beschlossen, am Dornberg für eine Million Euro ein Grundstück zu kaufen, um dort einen Kindergarten zu bauen. FUCHS war aus mehreren Gründen dagegen. Wir halten den Ort angesichts von vier weiteren Kindergärten dort in fußläufiger Nähe aus grundsätzlichen städtebaulichen Erwägungen nicht für gut. Der Verkehr ballt sich hier zusammen, denn viele Kinder kommen nicht aus der unmittelbaren Nähe, sondern oft aus Trautheim, Frankenhausen und Waschenbach, wo es keine Kindergärten gibt. Das Gelände ist mit 2.451 Quadratmetern für sechs Gruppen auch viel zu klein. Der neue Kindergarten am Pfaffenberg beispielsweise hat eine Grundstücksfläche von etwa 2.700 Quadratmetern und beherbergt lediglich drei Gruppen. Dem Kauf des Dornberggrundstückes haben wir nicht zugestimmt. Wir haben vorgeschlagen, den neuen Kindergarten auf dem erheblich größeren Grundstück der Gemeinde gegenüber der Feuerwehr in Nieder-Ramstadt zu bauen, das überdies von Frankenhausen und Waschenbach aus besser zu erreichen ist.
Vor allem war das Gelände, das nach dem Kaufvertrag lediglich mit einem Kindergarten bebaut werden darf, aber auch viel zu teuer. Einen Quadratmeterpreis von über 400 Euro für ein Grundstück, auf dem lediglich ein Kindergarten gebaut werden darf, halten wir vor dem Hintergrund eines Grundsteuersatzes von 550 Prozent und angesichts der vielen Ausgaben, die auf die Gemeinde zukommen, nicht für verantwortlich. Für das Baugrundstück für den Kindergarten am Pfaffenberg etwa hat die Gemeinde 2017 pro Quadratmeter lediglich 56,24 Euro bezahlt. Diesem Kauf haben wir zugestimmt.
Umgekehrt beispielsweise beschloss die Gemeindevertretung am 18. Dezember 2012 mit den Stimmen aller damals vertretenen Fraktionen, wir waren 2012 noch nicht dabei, ein Grundstück der Gemeinde in der Nieder-Ramstädter Rheinstraße schräg gegenüber des aktuellen Neubaugebietes mit einer Größe von 3.347 Quadratmetern zum Preis von lediglich 71,71 Euro pro Quadratmeter an eine Privatperson zu verkaufen. Auch einem solch nachteiligem Verkauf für insgesamt nur 240.000 Euro hätten wir nicht zugestimmt. Das 2012 verkaufte Grundstück hätten wir jetzt übrigens auch für den neuen Kindergarten bestens nutzen können.
Wir halten diese Art des Wirtschaftens nicht für verantwortbar. Es muss so agiert werden, dass wir unser Handeln jederzeit vor unseren Geldgebern, das sind die Steuerzahler, rechtfertigen können. Wir haben hohe Steuersätze und große Aufgaben vor uns. Beides zwingt uns dazu, gerade bei größeren Ausgaben genauer hinzusehen.