Kann die Errichtung eines Bauhofes einem Generalunternehmer übertragen werden?

Kann die Errichtung eines Bauhofes einem Generalunternehmer übertragen werden?

Stellungnahme zur Rechtsauffassung der Verwaltung der Gemeinde Mühltal

 

  1. Sachverhalt

In der Gemeindevertretung der Gemeinde Mühltal besteht die ganz überwiegende Auffassung, dass ein neuer Bauhof errichtet werden sollte. Dies wird mit wirtschaftlichen und städtebaulichen Erwägungen begründet. Drei von fünf zentralen Gebäuden des bestehenden Bauhofes müssten ohnehin neu errichtet werden. Ein kompletter Neubau an anderer Stelle sei relativ preisgünstig, der Bauhof werde somit nicht selbst zur Baustelle und das frei werdende Areal biete sich anschließend als teures Bauland an.

Die Fraktion FUCHS in der Gemeindevertretung hatte vorgeschlagen, mit der Erstellung des Neubaues ein Generalunternehmen zu beauftragen. Es solle also nur ein Los ausgeschrieben werden, das den gesamten Bau erfasse. Dies sei im gewerblichen Bau insbesondere deshalb gängige Praxis, weil dadurch hohe Kosten und Organisationsaufwand erspart würden. Architektenleistungen etwa würden auch solche gewerbliche Bauherren nicht in Anspruch nehmen, die selbst über kein Baufachpersonal verfügten. Allein die Einschaltung eines Architekturbüros koste hier gut 200.000,- Euro. Ein hoher Betrag, der schlicht eingespart werden könne. Schließlich beschäftige die Gemeinde mehrere Fachingenieure. Die Ausschreibung der Gesamtleistung in einem Los sei auch rechtlich nicht zu beanstanden.

  1. Rechtsauffassung der Verwaltung

Die Verwaltung der Gemeinde Mühltal vertritt dagegen die Rechtsauffassung, dass aus Gründen des Wettbewerbsrechtes Architektenleistungen und getrennte Losvergaben zwingend vorgeschrieben seien. Sie verweist dazu auf die §§ 97 Abs. 4 GWB, 12 Abs. 1 HVTG, 5 Abs. 2 VOB/A, 2 Abs. 2 VOL/A. Danach solle bei Vergaben durch öffentliche Auftraggeber grundsätzlich die Ausschreibung nach getrennten Losen (Teillose nach der Menge oder Fachlose nach der Art der Leistung) erfolgen, soweit nicht wirtschaftliche oder technische Gründe dagegen sprächen.

Zur Untermauerung der vorgetragenen Rechtsauffassung benennt die Verwaltung insgesamt vier Entscheidungen deutscher Gerichte, aus denen sich auch das Verbot der Beauftragung eines Generalunternehmers für die Errichtung eines neuen Bauhofes ergebe: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. September 2004 – Az. VII-Verg 38/04 = NZBau 2004, 688, 689; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007 – Az. VII-Verg 10/07; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2011 – Az. VII-Verg 63/10 = NZBau 2011, 369, 370; OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. November 2008 – Az. Verg W 15/08 = NZBau 2009, 337, 340

 

  1. Überprüfung der Rechtsauffassung der Verwaltung

Die Rechtsauffassung der Verwaltung überzeugt nicht.

a) Keine der durch die Verwaltung bezeichneten Rechtsnormen hat zwingenden Charakter. Es handelt sich lediglich um sogenannte Sollvorschriften, von deren Regelungsinhalt bei Vorliegen einschlägiger Gründe abgewichen werden kann. Als solcher Grund wird insbesondere die Wirtschaftlichkeit benannt.

Bereits prima facie ist die Beauftragung eines Generalunternehmens, das ein gesamtes Gebäude errichtet, kostengünstiger als die Teilung aller am Bau anfallenden Tätigkeiten in getrennte Lose. Dies ist der Grund, weshalb insbesondere im gewerblichen Bau regelmäßig Generalunternehmen beauftragt werden und es nicht zu Einzelausschreibungen aller anfallenden Tätigkeiten einschließlich der Bestellung von Architektenleistungen in getrennten Losen kommt. Die Kostenersparnis erschließt sich auch vor dem Hintergrund, wonach Generalunternehmen nicht nur die notwendigen Tätigkeiten regelmäßig massenhaft einkaufen, weswegen diese erfahrungsgemäß preisgünstiger sind. Sie haben vielmehr auch entsprechende Routine, da die Erstellung gerade der angebotenen Produkte mit der Koordination der Einzelgewerke regelmäßig der Kern deren Tätigkeit ist. Auch daraus erwachsen im Ergebnis Kostenvorteile, von denen regelmäßig auch die Endabnehmer eines Bauproduktes profitieren. Mithin ist die Ausschreibung und Vergabe der Gesamtleistung „Erstellung eines Bauhofes“ als ein einziges Los schon nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften zulässig.

b) In den vier Entscheidungen, welche die Verwaltung zur Untermauerung der eigenen Rechtsauffassung benennt, werden Rechtsmittel gegen behördliche Ausschreibungen mit nur einem einzigen Los, das eine Gesamtleistung beinhaltet, durch die Oberlandesgerichte Düsseldorf und Brandenburg überprüft. Dabei stützen drei der vier von der Verwaltung der Gemeinde Mühltal selbst benannten Entscheidungen die Zulässigkeit der in den Verfahren gerügten Ausschreibungen in nur einem Los, das die Gesamtleistung erfasst, und damit die Rechtsauffassung der Fraktion FUCHS. Es handelt sich um die Entscheidungen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007 – Az. VII-Verg 10/07; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2011 – Az. VII-Verg 63/10 = NZBau 2011, 369, 370; OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. November 2008 – Az. Verg W 15/08 = NZBau 2009, 337, 340.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf vertritt etwa in seinem Beschluss vom 23. März 2011 die Auffassung, dass auch der öffentliche Auftraggeber einen großen Ermessensspielraum habe, wenn es darum geht, die ausgeschriebenen Leistungen durch Teillose oder als einheitliches Gesamtlos anzubieten. Dieser Spielraum ende erst dort, wo Willkür einsetze. Das Vergaberecht diene auch und gerade dazu, wirtschaftliche Leistungsbeschaffung zu gewährleisten. Mithin stützen die drei von der Verwaltung der Gemeinde Mühltal selbst benannten Entscheidungen die Rechtsauffassung der Fraktion FUCHS.

Lediglich in seinem Beschluss vom 8. September 2004 hat das OLG Düsseldorf die Ausschreibung eines einheitlichen Gesamtloses beanstandet. Allerdings lag hier bei der ausgeschriebenen Leistung gerade keine einheitlich zu erbringende Gesamtleistung vor, also etwa die Errichtung eines einzelnen Gebäudes in einem Los. Vielmehr wurden in nur einem einzigen Los als einheitliche Leistung etwa Reinigungs-, Hausmeister-, Sicherheits- und Empfangsdienstleistungen für 172 Gebäude mit etwa 515.000 Quadratmeter Fläche für fünf Jahre ausgeschrieben. Allein im hier beurteilten Sachverhalt hat das Oberlandesgericht eine Aufsplittung der Leistungen in verschiedene Lose für notwendig erachtet. Auch diese Entscheidung gibt also keinen Hinweis darauf, dass bei der Errichtung eines neuen Bauhofes in Mühltal getrennte Lose ausgeschrieben werden müssten.

 

  1. Ergebnis

Nach allem ist es zulässig, die Errichtung eines neuen gemeindlichen Bauhofes in Mühltal in einem Los auszuschreiben und diesen durch ein Generalunternehmen ohne Bestellung von Architektenleistungen herzustellen. Es ist aus rechtlichen Gründen also nicht wie von der Verwaltung der Gemeinde Mühltal angenommen erforderlich, allein für Architektenleistungen 200.000,- Euro auszugeben. Dieser Betrag kann schlicht gespart werden.

 

Mühltal, den 20. Dezember 2016

 

Christoph Zwickler als Vorsitzender der Fraktion FUCHS